Anfänge der Gemeinde
Die ersten Juden lassen sich in Rexingen bereits im Jahr 1516 nachweisen. Der Johanniterorden, der die Ortsherrschaft ausübte, gestattet ihnen, sich gegen die Bezahlung von Schutzgeldern niederzulassen.
Einige Namen deuten auf ihre Herkunft: Pollak, Pressburger, Lemberger, Zürndorfer.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die erste Synagoge gebaut. Die Gemeinde gehört zum Rabbinat Mühringen. Dort wurden auch ab 1740 die Toten begraben, nachdem ein in Rexingen zuvor angelegter Friedhof wegen Überschwemmungen aufgegeben werden musste. Im Jahr 1760 erhielt die Gemeinde einen neuen Begräbnisplatz im Buchert. Er ist einer der größten jüdischen Friedhöfe in Württemberg mit über 1000 Gräbern.
Blüte der Gemeinde
Bis zum Jahre 1800 wächst die jüdische Gemeinde auf 49 Familien an und stellt mit ca. 240 Personen beinahe ein Drittel der Rexinger Einwohnerschaft.
1844: nach einem langen Streit mit der bürgerlichen Gemeinde kann die jüdische Schule als »Konfessionsschule« ins Schulhaus einziehen. Bis 1938 existieren in Rexingen eine jüdische und eine katholische Volksschule unter einem Dach.
Um 1850 erreicht die jüdische Gemeinde mit 427 Mitgliedern den höchsten Anteil ihrer Geschichte – das sind über 36 % von insgesamt 1132 Bewohnern.
Um 1900: Die jüdischen Bürger von Rexingen setzen sich an vorderster Stelle für die Modernisierung des Ortes ein: Wasserleitung, Stromversorgung, Einrichtung einer Postagentur, erste Telefonanschlüsse und schliesslich die Einrichtung eines Omnisbusverkehrs. Jüdische Bürger sind Mitglieder im Gemeinderat. Sie sind in den Vereinen aktiv und tragen die örtliche Feuerwehr mit. Der jüdische Gemeinderat Adolf Zürndorfer wird 1904 Ehrenbürger von Rexingen.
1914–1918: Im Ersten Weltkrieg werden von der jüdischen Gemeinde 105 Männer zum Militärdienst eingezogen. 78 Männer dienen an der Front. 15 jüdische Rexinger Soldaten fallen im ersten Weltkrieg.
Die Vernichtung der Gemeinde in der Nazizeit
1933 leben noch 262 Juden in Rexngen. Der letzte demokratisch gewählte Bürgermeister, Hermann Kinkele, ein Katholik, wird von den Nazis abgesetzt. An seine Stelle kommt das NSDAP-Mitglied Georg Schwörer. Aus dem Vereinsausschuss des Gesangvereins werden Alfred Levi und Alfred Pressburger ausgeschlossen.
Das Kultusministerium teilt mit, dass sich der Staat nicht mehr an der Finanzierung der jüdischen Schule beteiligt. Sie wird als Privatschule mit 16 Schülern weitergeführt.
Eine grössere Gruppe plant eine gemeinsame Auswanderung ins britische Mandatsgebiet Palästina. Am 6. Februar 1938 wird in der Synagoge die erste Auswanderergruppe nach Palästina verabschiedet. Am 13. April 1938 kann zwischen Akko und Nahariya die Siedlung Shavei Zion gegründet werden.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wird die Synagoge von SA und SS im Innern zerstört. Die örtliche Feuerwehr rettet das Gebäude vor der vollständigen Zerstörung. Eine beschädigte Thorarolle wird von Viktor Neckarsulmer, dem Vorsteher der jüdischen Gemeinde, nach Palästina gebracht.
Ende 1938/Anfang 1939 werden die letzten jüdischen Geschäftsbetriebe zwangsweise geschlossen.
Am 28. November 1941 werden 56 Juden aus Rexingen und Mühringen über den Stuttgarter Killesberg nach Riga in Lettland deportiert. Es überleben nur Berta Schwarz und Sally Lemberger.
Am 21. April 1942 werden 7 Juden aus Rexingen nach Izbica/Lublin in Polen deportiert. Niemand überlebt.
Am 19. August 1942 werden 43 meist ältere Leute nach Theresienstadt deportiert. Es überleben nur Hedwig Schwarz und Isidor David. Hedwig Schwarz verunglückt während des Transports nach Theresienstadt und wird in ein Hospital gebracht. Dort bleibt sie unentdeckt. Sie kehrt nach Deutschland zurück und stirbt 1952 im Stuttgarter Marienhospital. Sie ist auf dem jüdischen Friedhof in Rexingen begraben.
Isidor David wird am 5. Febr. 1945 in die Schweiz entlassen. Er stirbt dort am 31. Dezember 1945 im Flüchtlingslager.