Angebot für Erwachsene
Wir freuen uns über jeden Besuch des Denkmals Synagogenplatz. Sie können den Lern- und Gedenkort selber erkunden.
Wir bieten auch Führungen am Synagogenplatz und zu Wirkungsstätten der Tübinger Juden in der Innenstadt an.
Wenn Sie Interesse an einer Führung bzw. Fragen haben, wenden Sie sich an die Geschichtswerkstatt Tübingen (siehe Infokasten).
Um eine Führung planen zu können, sind wir für eine rechtzeitige Anmeldung mit Angaben über Ihren möglichen Zeitrahmen und Ihre Teilnehmerzahl dankbar.
Zur Vor- und Nachbereitung eines Besuchs des Denkmals Synagogenplatz empfehlen wir Ihnen verschiedenen Veröffentlichung über Tübingen (siehe auch unter Veröffentlichungen Tübingen).
Der Schlüssel zum jüdischen Friedhof Wankheim ist bei der Gemeindeverwaltung Kusterdingen-Wankheim 07071-33183 erhältlich.
Denkmal Synagogenplatz, Gartenstraße 33
Die folgenden drei Arbeitsblätter stellen das Denkmal Synagogenplatz in den Mittelpunkt.
Sie fordern Schülerinnen und Schüler auf, diesen Lern- und Gedenkort zu erkunden und die dort vorhandenen Informationen zu studieren und gemeinsam zu diskutieren.
Um die Aufgabenstellungen auf den Arbeitsblättern bearbeiten zu können, ist ein Besuch des Lern- und Gedenkortes Synagogenplatz notwendig. Hilfreich ist natürlich, wenn sich Schülerinnen und Schüler zusätzlich anhand von Literatur (siehe Veröffentlichungen zu Tübingen) mit der Geschichte der jüdischen Gemeinde beschäftigen.
Erkundung 1: Entwicklung der jüdischen Gemeinde und jüdischen Lebens in Tübingen
Schon im frühen 14. Jahrhundert wohnten Juden in Tübingen. Nachdem sie im 15. Jahrhundert aus Tübingen vertrieben worden waren, siedelten sich erst im späten 18. Jahrhundert wieder einige jüdische Menschen in Wankheim an. Der jüdische Friedhof in Wankheim erinnert heute noch an jene Zeit.
Um 1870 zogen dann viele jüdische Familien nach Tübingen und errichteten dort 1882 eine Synagoge als Zentrum der jüdischen Gemeinde.
Arbeitsblatt 1 gibt die Möglichkeit, sich mit der Geschichte der Juden in Tübingen im 14. und 15. Jahrhundert zu beschäftigen.
Der Schwerpunkt der Aufgabenstellung besteht jedoch darin, sich in die Lebensverhältnisse der jüdischen Familien im 19. Jahrhundert hineinzudenken.
Erkundung 2: Die Zerstörung der jüdischen Gemeinde
Am 25. Dezember 1932 feierte die jüdische Gemeinde in Tübingen anlässlich des 50jährigen Jubiläums ihrer Synagoge ein großes Fest.
Doch nur wenige Wochen später änderte sich alles grundlegend: Mit dem 30. Januar 1933, der Machtübernahme durch Adolf Hitler und die Nationalsozialisten begann die Bedrohung und Vernichtung der Gemeinde.
Arbeitsblatt 2 beschäftigt sich mit der Ausgrenzung der jüdischen Familien aus dem städtischen Leben. Es fragt nach der Schicksal der 137 Gemeindemitglieder, die die jüdische Gemeinde 1932 noch zählte. Mit den Informationstexten am Synagogenplatz kann erarbeitet werden, was am 9. November 1938 in Tübingen geschah.
Erkundung 3: Ortsgeschichte nach 1945
Wie wurde nach 1945 mit der Erinnerung an die jüdische Gemeinde umgegangen?
Arbeitsblatt 3 stellt Schülerinnen und Schüler die Aufgabe, die verschiedenen Stationen der Erinnerung nach 1945 zu erarbeiten. Außerdem wird dazu aufgefordert, sich mit der Konzeption des Lern- und Gedenkortes auseinanderzusetzen.
Was Sie von uns erwarten können
Wir bieten Führungen am Synagogenplatz und zu Wirkungsstätten der Tübinger Juden in der Innenstadt an.
Wir beraten Sie in allen Fragen zur jüdischen Geschichte in Tübingen und bieten Unterstützung bei Hausarbeiten, Projektunterricht etc.
Wenn Sie Interesse an einer Führung bzw. Fragen haben, wenden Sie sich an die Geschichtswerkstatt Tübingen (siehe Infokasten).
Um eine Führung planen zu können, sind wir für eine rechtzeitige Anmeldung mit Angaben über Ihren möglichen Zeitrahmen und Ihre Teilnehmerzahl dankbar.
Zur Vor- und Nachbereitung eines Besuchs des Denkmals Synagogenplatz im Unterricht empfehlen wir Ihnen verschiedene Veröffentlichungen über Tübingen (siehe auch unter Veröffentlichungen Tübingen).
Der Schlüssel zum jüdischen Friedhof Wankheim ist bei der Gemeindeverwaltung Kusterdingen-Wankheim (Tel. 0 70 71-3 31 83) erhältlich.
Geschichte der jüdischen Gemeinde in Tübingen
Schon im frühen 14. Jahrhundert wohnten Juden in Tübingen. Davon zeugt noch heute der Name der „Judengasse“ in der Tübinger Altstadt. Im 15. Jahrhundert wurden die jüdischen Familien anlässlich der Universitätsgründung 1477 aus Tübingen und auch aus ganz Württemberg vertrieben. Eine zentrale Rolle spielte dabei Graf Eberhard im Barte, der letzte Graf und erste Herzog von Württemberg und Gründer der Universität Tübingen. Er war ein großer Judenfeind. In seinem Testament vom 26. Dezember 1492 hatte er die Anordnung getroffen, dass in Württemberg in Zukunft keine Juden wohnen und kein Gewerbe treiben dürften.
Die Entstehung der neuen jüdischen Gemeinde
Erst im späten 18. Jahrhundert siedelten wieder einige jüdische Menschen in Wankheim und begannen dort ein reges jüdisches Leben. Der jüdische Friedhof in Wankheim mit seinen alten Grabsteinen ist ein Zeugnis aus dieser Zeit. Ab 1870 zogen viele jüdische Familien nach Tübingen und errichteten dort 1882 eine Synagoge als Zentrum der jüdischen Gemeinde. Auch jüdische Familien in Reutlingen waren Mitglieder der jüdischen Gemeinde Tübingen. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat Horb/Mühringen.
Am 25. Dezember 1932 feierte die jüdische Gemeinde das 50jährige Jubiläum ihrer Synagoge.
Wenige Wochen später, mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 hatte sich die Situation vollständig verändert. Die NSDAP organisierte den Boykott jüdischer Geschäfte. Anpöbeleien und Demütigungen jüdischer Bürger auf der Straße wurden Normalität. Tübingen wurde die erste Stadt im „Deutschen Reich“, die Juden den Zutritt zum Freibad verbot.
Am 9. November 1938 wurde die Tübinger Synagoge durch Brandstiftung vollständig zerstört und am 4. Juli 1939 wurde die jüdische Gemeinde per „Reichsbürgergesetz“ aufgehoben und ihr Vermögen eingezogen.
1932 bestand die Gemeinde noch aus 137 Mitgliedern aus Tübingen und Reutlingen.
Fünf Jahre später war durch die Flucht vieler Gemeindemitglieder die Zahl auf 25 geschrumpft.
22 Menschen wurden schließlich in die Konzentrationslager verschleppt. Nur zwei Menschen überlebten.
Das Gedenken an die jüdische Gemeinde nach 1945
1949 musste die Stadt Tübingen im Zuge eines Restitutionsverfahrens das Grundstück, auf dem ehemals die Synagoge stand, an die Israelitische Kultusgemeinde zurückgeben, die das Grundstück an eine Privatperson verkaufte. Die folgenden Jahrzehnte waren geprägt von Privatinteressen einerseits und den Forderungen nach angemessenem Gedenken andererseits.
1978 wurden am Lützelbrunnen, neben dem Platz, wo ehemals die Synagoge stand, Gedenktexte angebracht. 1979 wurde die Gedenkinschrift erweitert.
1998 konnte eine Projektgruppe, die aus der Tübinger Bürgerschaft und der Geschichtswerkstatt bestand, das Denkmal Synagogenplatz realisieren. Heute kann man sich kaum noch vorstellen, dass an diesem Ort einmal eine Synagoge stand. Der Platz ist von Wohnhäusern umgeben, die dem Denkmal nur wenig Raum lassen. Trotzdem ist es gelungen, einen eindrucksvollen Gedenk- und Lernort zu schaffen, der dazu einlädt, auf weitere Spurensuche in Tübingen zu gehen.
Tübingen – eine Hochburg des Nationalsozialismus
Die Universitätsstadt war bereits vor 1933 eine Hochburg des Nationalsozialismus. Nationalistische Aufmärsche und antisemitische Übergriffe waren verbreitet. Besonders viele Studenten, Professoren, Beamte, Kaufleute und Handwerker wählten die NSDAP, die 1933 rund 50 % der Wählerstimmen bekam. An der Universität Tübingen, die sich schon 1933 rühmte „judenfrei“ zu sein, entstanden mehrere völkische Institute. Auch die medizinische Fakultät war maßgebend für die Entwicklung und Durchsetzung des Rassengedankens und der Eugenik.
Aus Tübingen kamen eine Reihe hochrangiger NS-Täter, die in den 1920er Jahren in Tübingen studiert hatten und in völkischen Studentenverbindungen aktiv waren. Die braune Universitätsstadt war als Sitz der traditionsreichen Landesuniversität in Württemberg bedeutsam. Sie strahlte auch auf die ländliche Region in Südwürttemberg aus. Es gab zahlreiche KZ-Außenlager, viele Menschen und Institutionen beteiligten sich an der Verfolgung und Ausplünderung der Juden, und in Grafeneck auf der Schwäbischen Alb geschahen Massenmorde an kranken Menschen.
Was ist in Tübingen zu sehen?
Ehemalige Synagoge. An die zerstörte Synagoge in der Gartenstrasse 33 erinnert heute ein Denkmal am Synagogenplatz und u.a. ein Teilstück eines schmiedeeisernen Zauns. Die Synagoge wurde 1882 erbaut und war innen und zunächst auch außen mit orientalischem Dekor versehen. Auf dem Grundstück steht heute ein Wohnhaus. Daneben wurde 1998 das Denkmal errichtet.
Häuser, die früher von jüdischen Familie bewohnt wurden. Hinzu kommen ehemalige Geschäfte, die von den jüdischen Besitzern aufgegeben oder „arisiert“ wurden. Ein geplanter Geschichtspfad durch die Innenstadt soll unter anderem sichtbar machen, wo jüdische Familie gelebt haben und in welchen Häusern Geschäfte mit jüdischen Inhabern angesiedelt waren. Friedhof. An der B 28 in Richtung Reutlingen (Ausfahrt Wankheim) liegt links am Waldrand der 1845 gegründete jüdische Friedhof Wankheim, der die frühere Landgemeinde Wankheim und danach die jüdische Gemeinde Tübingen-Reutlingen verband.
Was ist das Besondere an Tübingen?
In der Universitätsstadt lebten rund 100 jüdische Bürger. Die Textilkaufleute, Bankiers, Rechtsanwälte und Verleger gaben mit ihren innovativen -Ideen der Geschäftswelt und der Öffentlichkeit wichtige Impulse.
Tübingen war nach 1900 zunehmend antisemitisch eingestellt, v. a. an der Universität. 1930 war Tübingen bereits eine Hochburg des Nationalsozialismus, die Ausgrenzung der Tübinger Juden vollzog sich 1933 schlagartig. Rund 80 Menschen konnten rechtzeitig ins Ausland fliehen, 22 wurden deportiert und nur zwei überlebten die Todeslager.