aus Wiesenbronn (Bayern)
Artikel von Aglaia Kootz
Jakob Fröhlich wurde am 15. Juli 1926 im unterfränkischen Wiesenbronn in der Nähe von Kitzingen als Heinz Fröhlich geboren. Er war das einzige Kind von Martha geb. Münz und ihrem Mann Simon Fröhlich.
Simon Fröhlich wurde 1898 in Rexingen als Sohn des Viehhändlers Max Fröhlich und seiner Frau Auguste Schwarz geboren. Nach der jüdischen Volksschule in Rexingen besuchte Simon eine private Handelsschule in Stuttgart und absolvierte anschließend eine kaufmännische Lehre. Nach seiner Zeit als Soldat im Ersten Weltkrieg begann er als Reisender im Textilgewerbe zu arbeiten und lernte dabei vermutlich seine spätere Frau Martha kennen.
Kindheit in Wiesenbronn und Würzburg
Martha Fröhlich wurde 1895 in Wiesenbronn geboren. Sie war die Tochter von Sara Rosenthal und Simon Münz, die in Wiesenbronn ein Textil- und Manufakturengeschäft betrieben. Martha war das jüngste von fünf Kindern und nach dem Tod ihrer Mutter 1921 führte sie mit ihrem Vater das Geschäft fort. Nach ihrer Heirat mit Simon Fröhlich führte sie das Geschäft mit ihrem Mann und Vater weiter. Martha und ihr Vater kümmerten sich hauptsächlich um das Ladengeschäft, während ihr Mann im eigenen Auto auf Reisen war und Kundschaft in Bayern und Württemberg betreute.
In Jakobs Kindheit und Jugend lebten in Wiesenbronn nur noch drei weitere jüdische Familien und zwei alleinstehende Frauen in Wiesenbronn. Trotz ihres jüdischen Glaubens war Familie Fröhlich/Münz in Wiesenbronn sehr angesehen und Simon unter anderem im Vorstand des örtlichen Turnvereins.
Jakob besuchte von 1933 bis 1938 die örtliche Volksschule, auf der er der einzige jüdische Schüler war. Einmal in der Woche bekam er dabei von einem Lehrer, der extra für ihn nach Wiesenbronn reiste, jüdischen Religionsunterricht. Im April 1938 musste Jakob die Schule in Wiesenbronn wegen des wachsenden Judenhasses jedoch verlassen und eine jüdische Schule in Würzburg, die ca. 30 km entfernt lag, besuchen. Wegen der Entfernung lebte er unter der Woche bei Familie Ansbacher in Würzburg und besuchte seine Familie immer am Wochenende in seinem Heimatdorf.
Den Anfang der Reichspogromnacht 1938 erlebte Jakob noch in Würzburg, wo das Haus seiner Gastfamilie Ansbacher überfallen wurde. Am nächsten Morgen machte sich Jakob auf den Heimweg zu seiner Familie und wurde im Zug von ehemaligen Klassenkameraden erkannt und von diesen schikaniert. Zuhause angekommen traf er nur seine Mutter und seinen Großvater an.
KZ-Haft des Vaters Simon Fröhlich
Um der lebensbedrohlichen Lage in Deutschland zu entkommen, die schon vor 1938 äußerst problematisch für Juden war, wollte Familie Fröhlich sich der Rexinger Auswandergruppe nach Palästina anschließen, zu deren Initiatoren Simons Bruder Julius gehörte.
Ausreisepläne ins damalige Palästina
Jakob Fröhlichs Flucht nach Shavei Zion
Am 28. Dezember 1939 verabschiedete sich Jakob von seinen Eltern am Münchner Bahnhof und bestieg einen Zug nach Triest. Obwohl der Zweite Weltkrieg schon begonnen hatte, war eine Flucht über Italien noch möglich, da Italien erst 1940 an der Seite Deutschlands in den Krieg trat. In Triest stieg Jakob in den vorletzten Dampfer, der ihn nach Haifa brachte, wo ihn sein Onkel Julius abholte.
Nach einem kurzen Aufenthalt im Einwandererheim Beth Olim, in dem Jakob medizinisch untersucht und geimpft wurde, zog er zur Familie seines Onkels nach Shavei Zion. In dessen Familie wurde Jakob schnell integriert und von seinen Cousins willkommen aufgenommen. Der Haushalt seines Onkels war zwar liberaler eingestellt, als Jakob dies von zu Hause kannte, jedoch gewöhnte sich Jakob auch daran und war bald Teil der Familie. In Palästina bekam Heinz den Namen Jakob.
Ermordung der Eltern im Konzentrationslager
Die Eltern von Jakob konnten allerdings nicht mehr fliehen. Im September 1940 zogen sie nach Rexingen zu Auguste Fröhlich, der Mutter von Simon Fröhlich. Am 28. November 1941 wurden sie über den Killesberg in Stuttgart nach Riga deportiert, wo Martha Fröhlich 1942 starb. Der Tod von Simon Fröhlich wird für 1944 angenommen. Auguste Fröhlich, die Großmutter von Jakob, wurde am 28. August 1942 ins Konzentrationslager Theresienstadt und am 26. September weiter ins Vernichtungslager Maly Trostinec deportiert und am Tag ihrer Ankunft mit Gas ermordet.
In der Schule in Shavei Zion wurde nur Ivrit (modernes Hebräisch) gesprochen. Jakob hatte durch seinen Großvater mütterlicherseits schon Kenntnisse des Hebräischen und konnte dem Unterricht daher nach einigen Monaten relativ gut folgen. Neben der Schule mussten die Kinder auch in der Landwirtschaft der Genossenschaft aushelfen, weswegen der Unterricht oft unterbrochen wurde oder ausfiel.
Vom Fischer zum Schafshirte
»Ich wollte in Deutschland immer Flugzeugingenieur werden. Warum? In Ilmenau, bei meinem Onkel, gab‘s eine technische Hochschule für Flugzeugbau. Ich habe immer von technischen Dingen geträumt. Und dann kommt man zu mir und sagt, werde Schafhirte.«
Jakobs Werdegang in Shavei Zion
1947 wurde Jakob zur militärischen Ausbildung der Hagana geschickt, wo er eine illegale Ausbildung zum Offizier durchlief. Während der Befreiungskriege war Jakob stellvertretender Kommandant und später erster Kommandant der Siedlung Shavei Zion. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Mechaniker bei Martin Zürndörfer. Jakob Fröhlich wurde in dieser Zeit auch in den Waad, der Leitung der Genossenschaft gewählt und betätigte sich dort als Außensekretär und Kassierer der Genossenschaft und später als Betriebsleiter der Genossenschaft. Im Jahre 1950 heiratete er Hanna-Ruth Schindler mit der er drei Kinder, Miriam, Nurit und Ofra bekam. Seine Frau Hanna-Ruth starb 1995.
Bis zu seiner Pensionierung war Jakob Teil des Waads der Genossenschaft. Die Plastikfabrik von Shavei Zion wurde von ihm mit aufgebaut und bis zu seinem Schlaganfall 2007 arbeitete Jakob dort in der Buchhaltung.
Der Kontakt mit Deutschland war Jakob Fröhlich immer ein Anliegen. So empfing er im Jahre 1962 eine Gruppe von deutschen Abiturient*innen in Shavei Zion und zeigte diesen die Siedlung.
Besuch in Deutschland
Schon kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Jakob nach Deutschland zurück, um dort seine rechtlichen Ansprüche zu regeln. Dabei besuchte er auch Rexingen, den Geburtstort seines Vaters. Später besuchte er mit seiner Frau auch seinen Geburtstort Wiesenbronn.
Nach einem schweren Schlaganfall im Jahr 2008 wurde Jakob Fröhlich liebevoll im Pflegeheim Beth Elieser von ZEDAKAH in Ma’alot betreut.
Er starb dort am 14. September 2010.
Literatur- und Quellenangaben
Barbara Staudacher, Carsten Kohlmann und Heinz Högerle: „Wo kein Mann ist, sei du der Mann – Nachruf auf Jacob Fröhlich, Pionier von Shavei Zion, Brückenbauer nach Deutschland und Freund. In: Mitteilungen Nr. 15 des Träger- und Fördervereins Ehemalige Synagoge Rexingen, April 2011, S. 6–13.
Jakob Fröhlich: Nach schweren Anfängen zum Erfolg: Die Entwicklung der Plastikfabrik. In: Heinz Högerle, Carsten Kohlmann und Barbara Staudacher (Hrsg.): Ort der Zuflucht und Verheißung. Shavei Zion 1938–2008, Stuttgart 2008, S. 135–137.